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„Wo laden Sie Ihre Akkus auf?“ – Stress macht auch dem Herz zu schaffen

Nach dem Herzinfarkt: Essen wie im Süden

Der Motor stotterte

Wie konnte mir das nur passieren?
Warum habe ich nicht früher etwas bemerkt?
Ich hab‘ mich doch immer so fit gefühlt!

Lag ich falsch?

In der zweiten Nacht im Krankenhaus spüre ich eine körperliche Erleichterung, irgendwie befreit.


INHALTSVERZEICHNIS

Der Motor stotterte
Ist Vergesslichkeit mehr als eine Alterserscheinung?
Wo laden Sie Ihre Akkus auf?
Was macht Keith Richards richtig?
Freeze! – Nicht nur Kochen, wie im Süden


Auch meine Nackenschmerzen sind verschwunden, die mich in zunehmendem Maße geplagt hatten. Immer öfter wachte ich nachts mit Kopfschmerzen auf, die ich auf eine ungünstige Haltung zurückführte.

Sobald ich aufstand, verschwanden die Beschwerden. „Das ist bestimmt was anderes“, sagte meine Frau.

Aber was?

Eine Herzerkrankung war das letzte, an das wir gedacht haben. Ich war körperlich belastbar, hatte keine Schmerzen bzw. Engegefühle in der Brust oder wurde beim Treppensteigen kurzatmig.

Im Rückblick betrachtet ergibt nun vieles Sinn, was ich als lästige, aber harmlose Beschwerden abgetan hatte. Diese „Zipperlein“ häuften sich anderthalb Monate vor dem Infarkt.

Waren das vielleicht die Folgen leichter Durchblutungsstörungen? Könnte damit auch meine Mut— und Antriebslosigkeit zusammenhängen, die ich immer häufiger verspürt hatte?

Ist Vergesslichkeit mehr als eine Alterserscheinung?

Begonnen hatte es mit einer zunehmenden Vergesslichkeit. Plötzlich war mein Haustürschlüssel weg. Ständig suchte ich irgendwas.

Immer schon hole ich am Samstagmorgen Brötchen und erledige erste Einkäufe. Kurz vor dem Infarkt kam ich vom Samstagseinkauf zurück. Als ich mich an den Frühstückstisch setzte, fragte meine Frau nach den Brötchen. Vergessen!

Ein anderes Mal wollte ich schnell los zum Gitarrenunterricht. Mit Gitarre und Tasche in der Hand, riss ich im Gehen ein Netzteil vom Schrank. Als die Türe hinter mir zufiel, merkte ich, dass ich den falschen Schlüssel in der Hand hielt. Portemonnaie, Auto— und Haustürschlüssel waren nun unerreichbar. Ich verpasste meinen Unterricht und saß mit meiner Gitarre zwei Stunden auf der kalten Terrasse, bis mich endlich jemand erlösen konnte.

„Wo laden Sie Ihre Akkus auf?“

Im Sichtfeld eines Auges bemerkte ich ein paar Tage später eine trübe Stelle, die mit dem Blick mitging. Die Augenarztpraxis war so alarmiert, dass ich sofort am folgenden Tag einen Termin bekam. Die Untersuchung endete ohne Ergebnis.

„Wo laden Sie Ihre Akkus auf?“, fragte mich der Augenarzt.

Klar, das Lesen und die E-Gitarre waren in letzter Zeit ziemlich kurz gekommen.
Meine Fitness war auch nicht auf dem Stand, den ich mir wünschte.
Und das aktuelle Projekt in meinem Job stresste zunehmend.

Dann war da noch der seltsame Hautausschlag. Hatte ich noch nie bisher.

Die letzten Nächte vor dem Infarkt konnte ich schlecht schlafen, lag lange wach, verbunden mit den seltsamen Nacken— und Kopfschmerzen.

Was macht Keith Richards richtig?

Alles das sind allerdings keine typischen Anzeichen, die einem Infarkt vorangehen. Mir kommt dieses Zusammentreffen nun allerdings merkwürdig vor.

Hinzu kommen auch noch meine persönlichen Vorbelastungen:
Meine Tante und mein Onkel leiden bzw. litten unter Herzerkrankungen.
Mein Cholesterinspiegel und mein Blutdruck sind schon seit längerem leicht erhöht. Aber weder ich noch mein Hausarzt schätzten das alarmierend ein.

Also bitte, Keith Richards befindet sich auch noch unter den Lebenden. Und der hat ja wohl einen riskanteren Lebensstil gepflegt als ich.

Zu einem riskanten Lebensstil gehören: Rauchen, Übergewicht/falsche Ernährung, wenig Bewegung, hohe Blutfettwerte, erbliche Vorbelastung und Stress.

Auf mich treffen die drei letzten Faktoren zu.
Aber war das ausreichend dafür, dass ich nun zwei Fremdkörper in meinem Herzen mit mir herumtragen muss? Und was Ernährung betrifft, koche ich gerne selbst und genauso gerne die bei Herzkrankheiten gepriesene Mittelmeerküche.

Auch die Ärzte fragten mich immer wieder nach möglichen Risikofaktoren. Aber ich bin nicht die übergewichtige Sofa — Kartoffel, für die Fleisch das eigentliche Gemüse ist.
Ich kann es nicht fassen.

Aber offensichtlich haben diese eher unscheinbaren, leicht erhöhten Risikofaktoren in der Summe den Infarkt ausgelöst.

Freeze! – Nicht nur Kochen, wie im Süden

„Wir wollen den jetzigen Zustand Ihres Herzens einfrieren, damit kein zweiter Infarkt entsteht“, gab mir der Implantator meiner Stents mit auf den Weg.

Jetzt beginnen meine Frau und ich mit der Fahndung: Was genau ist es, was zu meinen Beinahe—Gefäß—Verschlüssen geführt hat?

„Sie müssen den Cholesterinspiegel runterprügeln“, empfiehlt mir der Chefarzt. Also wird in Zukunft noch mehr so gekocht wie im Urlaub im Süden.

Auch den Faktor Stress betrachte ich mit anderen Augen. Ich lasse mir ja nie was anmerken und bleibe äußerlich ruhig. Wo bleibt das? Oder behalte ich das bei mir und es baut sich ein ähnlicher Plaque in der Seele auf wie in den Arterien?

Was bietet denn meine Krankenkasse so an? Yoga klingt gut! Der online—Kurs wird direkt gebucht.

Ein Ratgeber für Herzpatienten empfiehlt einen Online—Kurs, um das Achtsamkeitstraining zu erlernen. Für knapp 40 € kann man nichts falsch machen.

Bewegung? Der platte Hinterreifen meines alten Drahtesels wird so schnell wie möglich geflickt.

Bald werde ich entlassen. Dann muss sich einiges ändern.


LIES AUCH:

 #1 Out of the blue – Wie mein Herz aus dem Takt geraten ist

 #2 Lebensdraht – Wie ein winziges Röhrchen mein Leben verändert


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