Iggy Pop – Post Pop Depression überwunden

Das hatte kaum einer erwartet, dass er so ein Album noch mal zustande bringen würde, Iggy Pop, der Godfather of Punk, der Irre an Bowies Seite, von dem er nach eigener Einschätzung gerettet wurde.

Real Wild Child

So richtig etwas mit ihm anfangen konnten die wenigsten. Zu krachig der Sound, zu verstörend die Shows: halb bis ganz nackt wie unter Strom über die Bühne zappelnd, blutüberströmt in Scherben.
Selbst auf den späten Alben noch pubertäre Lobgesänge auf Körbchengröße Doppel-D. Immer ein bisschen peinlich.

Rockin‘ Ruhestand?

Dabei lebt James Osterberg aka Iggy Pop längst ein entspanntes Pensionärsdasein in Florida, betrachtet alle Exzesse mit einer selbstironischen Distanz und der Haltung, die ihn wohl zum Vorbild für die Punks machte: So what? So war’s halt. Jetzt sind zwar andere Zeiten, aber ich habe immer noch meinen Spaß.

Hier kommt kein Rockstar-Drogenwrack aus der Gosse, wohin sich manche Kollegen für immer verabschieden. Dieses Rockstar-Klischee hat Mr. Osterberg längst hinter sich gelassen und „Post Pop Depression“ ist sein Kommentar zum Stand der Dinge.

Iggy Pop war immer produktiv. Das haben viele nicht mitbekommen. Insgesamt 23 Alben stehen in seinem Backkatalog. Und es ist kaum Schrott dabei. Auch wenn man den Ausflug in den französischen Chanson nicht verstehen muss und einiges aus den späten Achtzigern und frühen Neunzigern nicht wirklich erwähnenswert ist.

Wertekonservativ

Es waren immer gute Platten dabei und „Post Pop Depression“ schließt nahtlos an Meilensteine wie „Raw Power“, „Lust for Life“, „Kill City“, „New Values“ oder „American Caesar“ an. Mit Josh Homme, dem Mastermind des Desert Rock, ist ihm mit 69 Jahren eine altersgerechte Platte gelungen. Der Rock n Roll ist alt geworden wie seine Protagonisten. Aber das verwundert nur außerhalb der Szene. Denn Hauptvertreter der aktuellen Rockmusik wie Iggy Pops Produzent waren stets traditionsbewusste Fans. Man denke nur an Kurt Cobain, der auf der legendären mtv-unplugged Aufnahme mit Nirvana Bowie oder gar den Ur-Bluesmusiker Leadbelly coverte.

Nichts verlernt

„Post Pop Depression“ hat einen coolen Sound auf der Höhe der aktuellen Rockmusik. Es gibt bizarre bis seltsame Lovesongs („Break into your heart“, „Gardenia“), die auch auf die Alben der Berliner Zeit gepasst hätten. Im Song „German Days“ blickt er lächelnd darauf zurück. Der Stinkefinger kommt auch nicht zu kurz, wenn er in „Paraguay“ den Anhängern des Internet-Zeitalters die Meinung geigt und sich in den Dschungel verabschiedet: „I’m gonna go heal myself now.“

Das hilft dann hoffentlich der gewaltig zwickenden Hüfte, wie man auf aktuellen Live-Aufnahmen erkennen kann. Älter werden und sich treu bleiben. So geht das. Und so kann‘s weitergehen.

***EXTRATIPP:
Auch sehr lustig: Henry Rollins (Ex-Black Flag-Sänger) über die Unmöglichkeit als Performer den Meister zu schlagen. Zu finden auf youtube.

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Vinyl hält, was es verspricht. Höchste Zeit, die eigene Sammlung zu sichten und mit den Meilensteinen der Rockgeschichte zu ergänzen. Eine punkige Reise durch die letzten 20 Jahre.

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Mann_ im_Schnee

Das neue Jahr war gerade einen Tag alt. Der Herzinfarkt erwischte Wilhelm Landkreis auf dem Weg zum Supermarkt. Out of the blue.

Seitdem schreibt er. Über diesen Moment, der sein Herz aus dem Takt gebracht hat. Und über Takte, die ihn sonst noch bewegen.


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